Pferd im Winter vor einem Stall mit einer Tränkekessel in scharz

Keine Macht dem Eis

In der Pferdehaltung ist ausreichendes Tränken der Vierbeiner zu jeder Jahreszeit ein Muss. Selbsttränken sind mittlerweile Standard geworden. Doch im Winter, wenn es eisig kalt ist, kann die Trinkwasserversorgung ins Stocken geraten. Wie kann man verhindern, dass Wasserleitungen einfrieren? Was kann man tun, wenn die Leitungen dennoch eingefroren sind?

Vor 3 Jahren

Florian Brauchli, Redakteur der Pferdewoche, hat uns besucht und einen tollen Artikel über die verschiedene Varianten geschrieben, wie Tränken frostsicher gemacht werden kann. Mit der freundlichen Genehmigung dürfen wir den Artikel hier im Blog ebenfalls veröffentlichen.

Wie viel Wasser benötigt ein Pferd?

Wasser ist überlebenswichtig – nicht nur für Menschen, auch für die Pferde. Es ist unter anderem essenziell für die Regu­lierung des Wärmehaushalts und be­stimmt massgeblich die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit. Trinkt ein Ross zu wenig, wird automatisch der Energie­stoffwechsel heruntergefahren und die Leistung sinkt. Wie viel Wasser ein Pferd benötigt, hängt von mehreren Faktoren wie Körpergewicht, Zusammensetzung der Nahrung, Klima und Bewegung ab. Ein Grosspferd trinkt zwischen 30 und 50 Liter pro Tag – das sind mehrere Eimer voll.

Kälte ist des fliessenden Wasser Feind

Weil das «Wasserschleppen» an­strengend und zeitaufwendig ist, haben sich mittlerweile Selbsttränken in vielen Ställen etabliert. Sie erlauben dem Pferd, jederzeit zu trinken, so viel es mag. Im Winter, wenn es kalt wird, kann dieses System aber tückisch sein. Man muss als Stallbesitzer genau darauf ach­ten, dass es im Stall nicht zu kalt wird.

«Es gibt mehrere Faktoren, die die In­nentemperatur beeinflussen», so Roger Meyer, Geschäftsführer bei «B+M Haus-und Agrotech AG» in Densbüren. «Es spielt eine Rolle, ob der Stall offen oder geschlossen ist oder Plastikvorhänge an den Türen vorhanden sind.» Wichtig sei, die Eingänge zu schützen, so Meyer. Ebenfalls von Bedeutung ist der Wohn­ort. Auf 700 Meter über Meer gibt es na­türlich schneller und öfter Frost im Win­ter als auf 400 Meter über Meer.

Wasser erwärmen oder Tränken beheizen

Sinkt die Temperatur unter null Grad, besteht die Gefahr, dass das Wasser in den Leitungen einfriert. Meist hilft nur: Stall dichtmachen, damit die Tempera­tur nicht zu tief fällt. Der Nachteil dabei ist, dass sich die Luftqualität drinnen merklich verschlechtert. Das hat einen grossen negativen Einfluss auf die Ge­sundheit und das Wohlbefinden des Vierbeiners.

Dabei gibt es mehrere Lö­sungen, damit es gar nicht erst so weit kommt. «Bei der Wahl des Systems spielt die vorhandene Infrastruktur eine wichtige Rolle. Jedes System bringt Kos­ten mit sich und hat Vor- und Nachteile», sagt Roger Meyer.

Umwälzsystem und Heizband

Das Umwälzsystem ist eine Ringleitung mit angeschlossener Umwälzpumpe und Heizung. Das ständige fliessende Wasser wird erwärmt zu den Tränkebe­cken geleitet. Die Umwälzpumpe heizt mit 3000 Watt, was einem grossen Win­kelschleifer entspricht. «Dieses System kostet durch den Stromverbrauch in ei­nem durchschnittlichen Winter rund 1000 Franken», weiss Meyer.

Vor und Nachteile der Umwälzpumpe

Die Investi­tionskosten für das Umwälzsystem sind – da die Leitungen nicht in den Boden müssen – etwas tiefer. Der Unterhalt ist dafür teuer als bei anderen Systemen. Ebenfalls ein Nachteil: Bei einem Strom­ausfall läuft auch die Umwälzpumpe nicht mehr und das Wasser gefriert in den Leitungen. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis die Leitungen auftauen. Bis dahin heisst es: Wasserkübel schleppen.

Einfach zu installieren: Das Heizband

Bei einem Stromausfall friert das Wasser in den Leitungen des Umwälzsystems ein. Hier gibt es aber eine Lösung. Ein Heizband wird um die Leitungen gelegt, festgebunden und isoliert. Das Metall­rohr leitet die Wärme dann ins Wasser. Zwar funktioniert auch das Heizband mit Strom, aber sobald dieser wieder fliesst, heizt das Band und das Wasser in den Leitungen taut auf. «Das Heizband ist einfach zu installieren», so Roger Meyer von der «B+M AG».

Individuell einsetzbar

«Es lässt sich ergänzend zum Umwälzsystem montie­ren, es kann aber auch für andere Bau ­weisen verwendet werden. Die Kupp­lung von Umwälzsystem und Heizband ist nicht zwingend nötig. Wir verwenden das Heizband vor allem bei Umbauten und dort bei Aufputzleitungen. Zudem gibt es auch ein selbstregulierendes Heizband. Dieses kann man durch meh­rere Räume verlegen und nur dort, wo es kalt ist, wird die Leitung erhitzt.» Bei Kunststoffleitungen wird zudem eine Wärmefolie eingesetzt, da Kunststoff die Wärme nicht gut leitet. Das Aluminium­band wird um die Leitung gewickelt und auf ihm dann das Heizband montiert.

Beheizte Becken

Die Wasserleitungen beim System mit beheizbaren Becken werden in den Bo­den verlegt. «Das Wasser zirkuliert in Frosttiefe, das heisst 80 bis 120 Zenti­meter unter der Oberfläche», so der Ex­perte. «Erst senkrecht unter dem Be­cken kommt die Wasserleitung aus dem Boden.» Diese Bauarbeiten für das Verlegen der Leitungen sind teuer, die Installation ist dann aber einfach und günstig im Unterhalt.

Leistung von beheizten Becken

«Das Tränke­becken wird mit 80 oder 160 Watt Heiz­leistung betrieben und so frostfrei ge­halten», sagt Meyer. Mit einem Ther­mostat versehen wird das Becken nur bei Bedarf beheizt, so kann der Strom­verbrauch gesenkt werden. «Das ist im­mer die günstigste Lösung», weiss der Profi. «Die Steigleitung zum Becken wird zudem mit einem 20-Watt-Heiz­band versehen, damit das Wasser auf dem Weg nach oben nicht einfriert.»

US-Ventil

Ein eher seltenes System, vor allem in der Pferdehaltung, ist das US-Ventil. Das Ventil am Becken misst die Tempe­ratur und wenn es eine bestimme Tem­peratur unterschreitet, öffnet sich das Ventil. Der «laufende Brunnen» verhin­dert ein Einfrieren. «Dieses System hat einen hohen Wasserverbrauch», so Meyer. «Vor allem in der Viehhaltung, wo viele Tiere dauernd saufen, macht dies Sinn, sonst läuft zu viel Wasser aus.»

Materialien und Einsatzgebiete

Tränkebecken bestehen entweder aus Gusseisen oder Kunststoff. Das Gussei­senbecken besteht aus einer Doppel­schale und dazwischen ist das Heizele­ment. «Das Metall leitet die Wärme bes­ser und effektiver, aber das Becken ist teurer. Die Preise bewegen sich von 225 bis 330 Franken. Man kann das langle­bige Eisenbecken ohne Probleme auch draussen montieren, die Heizschlange ist gut eingepackt und geschützt», weiss Meyer.

Vor- und Nachteile

Bei Hufschlägen kann das Becken in seltenen Fällen brechen, dann entstehen sehr scharfe Kanten. «Das passiert aber sehr selten. Ich finde es das beste Produkt auf dem Markt.» Kunststoffbecken sind leichter und günstiger. Die günstigste Variante er­hält man bereits ab 140 Franken. Das Heizelement befindet sich am Boden der Schale. «Die Heizleistung ist gerin­ger, darum wird es vor allem im Innen­bereich eingesetzt.» Bei Schlägen bricht der Kunststoff nicht, er verformt sich, bleibt aber stabil.

Die Haltungsform kann ausschlaggebend für die Wahl sein

In der Boxenhaltung eignen sich die beheizten Tränkebecken am besten, ist sich Roger Meyer sicher. In der Grup­penhaltung sowie im Offenstall und auf der Weide funktionieren auch grös­sere Tröge oder Becken. «Diese haben das Heizelement unter dem Trog. Sie funktionieren aber nur mit Strom, das heisst, man braucht einen Trafo und ei­nen Thermostat.»

Seltener genutzt werden auch Balltränken, die auf eine Wasserleitung gesetzt werden und ohne Strom funktionieren. «Die Ball­tränke ist bis rund minus zehn Grad frostsicher, aber das Pferd muss ler­nen, wie es den Ball runterdrückt, um an das Wasser zu kommen.» Bau-, Um­bau- und Installationskosten seien ge­mäss Roger Meyer fast nicht beziffer­bar. «Diese sind bei jedem Stall, je nach Grösse individuell.»

Probleme und Lösungen

Pferde knabbern gerne alles an, so auch Kunststoffleitungen und Röhren. «Bei den Steigleitungen braucht es da­für einen mechanischen Schutz, etwa ein Hutprofil, also eine Abdeckung aus Aluminium», erklärt Meyer.

Ebenfalls eine Herausforderung kann die Verkal­kung des Umwälzsystems und der Pumpen sein, in denen der Kalk den Kleinteilen zusetzt, so der «B+M AG»- Geschäftsführer. Diese Verkalkung ist extrem standortabhängig. «Beim Um­wälzsystem sollte der Heizstab alle zwei Monate ausgebaut und entkalkt werden. Haben Sie immer einen Heiz­stab in Reserve zu Hause», empfiehlt Meyer.

«Bei den Tränken und Ventilen gibt es dagegen kein Problem mit Kalk. Vor allem die Stabventile sind sehr pflegeleicht. Schwimmerventile sind ein bisschen heikler, diese haben Gum­midichtungen, die man ab und zu er­setzen sollte.»

Tränkebecken müssen vom normalen Wasserversorgungs­netz getrennt sein, damit keine Keime und Bakterien zurück ins Trinkwasser gelangen. «Dafür gibt es eine Trennsta­tion, die installiert werden muss. Sie verhindert, dass das ‘verunreinigte’ Wasser zurückfliesst.

Ganzheitliche Lösung

Roger Meyer von der «B+M AG» plädiert für eine «wasserdichte» Lösung. Bei der Wahl des Wassersystems und der ein­zelnen Komponenten wie Tränkebe­cken muss man das Gesamtpaket an­schauen, rät er.

«Wie sieht die beste­hende Infrastruktur aus? Was muss neu gemacht werden? Wenn man ein Kreis­laufsystem macht, muss es sauber und konsequent gemacht werden. Es ver­trägt in diesem System keinen Wasser­hahn, wo man noch ab und zu Wasser rauslässt. Dieser kann einfrieren und so das ganze System schädigen. Also lieber am Anfang etwas mehr investieren, dafür spart man nachher eine Menge laufender Kosten und vor allem eine Menge Ärger.»

Unser Experte

Roger Meyer
Roger Meyer
Inhaber, Geschäftsführer